Was genau besagt die Winterreifenpflicht?
Seit Dezember 2010 gilt in Deutschland die sogenannte situative Winterreifenpflicht. Grundlage ist §2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung in der Änderungsfassung vom 4. Dezember 2010. Die Verordnung besagt: Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte dürfen Autos mit Sommerreifen nicht auf öffentlichen Straßen fahren.
Was gilt überhaupt als Winterreifen?Wie so oft schiebt der Gesetzgeber den Schwarzen Peter hier an den Autofahrer weiter. Eine einheitliche Definition für geeignete Winterreifen gibt die Straßenverkehrsordnung nämlich nicht her. Stattdessen gibt es nur den Hinweis auf M+S-Reifen. Das Kürzel steht für Mud and Snow (englisch für Matsch und Schnee). Eine wirkliche Spezifikation, was ein solcher Reifen können muss, gibt es aber nicht. Auch Ganzjahresreifen tragen das Kürzel M+S. Ganzjahresreifen mit M+S-Kennzeichnung sind im Prinzip Winterreifen mit Sommereignung.M+S-Reifen sind auf nassen und glatten Fahrbahnen besser als Sommerreifen, haben aber nicht die Eigenschaften echter Winterreifen. Der Automobilclub ADAC rät dazu: „Reifen mit M+S-Kennung erfüllen die Anforderungen der Winterreifen-Verordnung. Wir empfehlen Reifen mit M+S- und Schneeflockensymbol. Auch Ganzjahresreifen mit dieser Kennzeichnung erfüllen die Anforderung.“ Allerdings ist M+S kein rechtlich geschützter Begriff.Ein weiteres Gütesiegel für Winterpneus ist das Schneeflocken-Symbol.Das ist eine kleine Schneeflocke, umrahmt von einem gezackten Berg (Three Peak Mountain Symbol). In den USA gibt es seit 1999 ein standardisiertes Testverfahren mit Traktionstest für Winterreifen. Ein Reifen, der dieser Prüfung standhält, darf das Schneeflocken-Symbol tragen.Wann und warum sollte man Winterreifen aufziehen?Winterreifen sollte man nicht nur wegen der Straßenverkehrsordnung, sondern vor allem aus eigenem Interesse aufziehen. Profil und Gummimischung von Sommerreifen sind weder für extreme Minusgrade noch für Eis und Schnee ausgelegt. Deswegen ist die Haftung im Winter schlechter und der Bremsweg länger.Die Reifenindustrie spricht – natürlich nicht ganz uneigennützig – von der „7-Grad-Grenze“: Weil schon bei kühlen Plusgraden der Härtegrad der Sommermischung rasch ansteigt, verbessern Winterreifen Traktion und Bremsweg auch bei solchen Temperaturen und nicht erst bei Eis und Schnee. Einige Reifenexperten halten allerdings dagegen, dass auch bei niedrigen Temperaturen ein Sommerreifen auf trockener Fahrbahn genügend Grip habe und der Winterreifen seine Vorteile wirklich nur bei Schnee und Eis ausspielen könne. Wichtig ist in jedem Fall der Zustand der Reifen. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern halten viele Reifenexperten für zu gering und empfehlen mindestens vier Millimeter.
Was kostet ein Verstoß gegen die Winterreifenpflicht?Wer bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte mit Reifen unterwegs ist, die nicht mindestens das M+S-Logo tragen – die also im Sinne der neu gefassten Straßenverkehrsordnung ungeeignet sind für die beschriebenen Straßenverhältnisse – riskiert ein Bußgeld von 40 Euround einen Punkt in Flensburg. Kommt es zusätzlich zu einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer, können 80 Euro fällig werden.Bin ich auch mit Sommerreifen versichert?Werkstätten und Reifenhändler argumentieren gern mit dem möglichen Verlust des Versicherungsschutzes, um Autofahrer zum Wechsel und Kauf von Winterreifen zu bewegen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empfiehlt in der Tat, aus Gründen der Sicherheit vor allem in schneereichen Gebieten Winterreifen aufzuziehen.Aber wie steht es mit dem Versicherungsschutz, wenn es knallt und man trotzdem mit Sommerreifen unterwegs war? „Den Schaden des Unfallopfers bezahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung natürlich immer, auch dann, wenn nicht jahreszeitgemäße Reifen aufgezogen waren“, betont GDV-Sprecher Stephan Schweda. Bei der Vollkasko-Versicherung, also beim Schaden am eigenen Auto, sieht das unter Umständen anders aus. In bestimmten Fallkonstellationen sei es denkbar, so Schweda, dass die Versicherung die Leistung kürze. Das sei dann abhängig vom Grad des Verschuldens und davon, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen der falschen Bereifung und dem Unfall hergestellt werden könne. Als Anhaltspunkt für ein mögliches Verschulden nennt der GDV-Sprecher, „wenn der Fahrer während oder vor der Fahrt hätte erkennen müssen, dass er mit ungeeigneter Bereifung unterwegs ist.“Mindestens genauso wichtig wie die geeignete Bereifung dürfte allerdings im Schadensfall der Nachweis sein, dass man seine Geschwindigkeit und Fahrweise den Sicht- und Wetterverhältnissen angepasst hat. Schließlich gefährdet man ja nicht nur teures Blech, sondern unter Umständen auch Leib und Leben.
Welche Regeln gelten im Ausland?